Die Geschichte des Salzburger Glockenspiels

Ende des 17. Jahrhunderts ließ Erzbischof Johann Ernst Graf Thun (1687–1709) den unter Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612) errichteten Turm an der Westseite des "palazzo nuovo" (heute Neue Residenz) erhöhen, um darin ein Glockenspiel unterbringen zu können. Ein Kupferstich von Christoph Lederwasch aus 1704 zeigt, dass damals in der Erdgeschoßzone in einem Vorbau die Wache untergebracht war. Die heute südlich an den Turm anschließenden Arkaden (über dem Heimatwerk) wurden erst 1860 hinzugefügt.

Erzbischof Thun hatte 1695 die 35 Glocken beim Glockengießer Melchior de Haze in Antwerpen gekauft und auf dem Landweg über Frankfurt, das Altmühltal und Altötting nach Salzburg bringen lassen. Hier begann nun die Suche nach geeigneten Professionisten für die Errichtung des Glockenspiels. 1698 unternahm der Salzburger Großuhrmachermeister Jeremias Sauter eine Informationsreise über die Technik von Glockenspielen in die Niederlande. Nachdem 1702 der Turmaufbau fertig gestellt war, begannen unter der Anleitung Sauters der Salzburger Stuckgießer Franz Sulzer und der Glockengießer Benedikt Eisenberger mit der Herstellung des Antriebsmechanismus. Ein an einer Seilrolle hängendes Gewicht bewegt, übersetzt durch mehrere Zahnräder, die Achse einer Messingwalze mit rund 2,5 Meter Durchmesser. In die Messingplatten bohrte, schnitt und feilte Sauter 7.970 Löcher. In jedes kann ein Stift eingesetzt werden, der über einen komplizierten Mechanismus von Holz- und Metallstäben sowie Seilzügen und einem Hammerwerk samt Federn den Glockenschlag auslöst. Bei jeder Glocke (außer den vier tiefsten Bassglocken) befinden sich zwei gleich große Hämmer, um den gleichen Ton kurz hintereinander anschlagen zu können. Es ist höchst erstaunlich, dass diese Handwerker damals ohne einschlägige Erfahrung ein so komplexes Werk konstruieren und herstellen konnten, das dem Grunde nach bis heute unverändert funktioniert.

Die endgültige Fertigstellung des Werkes zog sich einige Jahre dahin, da Sauter immer wieder Verbesserungen anbrachte. So konnte das Glockenspiel erst Ende 1703 zum ersten Mal erklingen. Erzbischof Thun stiftete 1702 noch 4.000 Gulden und verpflichtete mit diesem Geld den Salzburger Landtag (damals Landschaft genannt) zum Betrieb des Glockenspiels. Meist waren es die Gesellen des Hofuhrmachers, die drei Mal täglich das Gewicht in die Höhe kurbeln und das Glockenspiel händisch in Gang setzen mussten.

1873 wurde vom Uhrmacher Johann Baptist Fischer ein neues Uhrwerk eingebaut, das nicht nur die Turmuhr bediente, sondern mit Hilfe einer speziellen Vorrichtung auch das Spielwerk auslösen konnte. Das wertvolle Uhrwerk ist zwar heute noch vorhanden, die tägliche Auslösung um 7, 11 und 18 Uhr erfolgt heute allerdings durch eine elektrische Uhr. Auch für den Antrieb der großen Messingwalze wurde 1969 schon ein Elektromotor eingebaut. Seit der jüngsten umfassenden Restaurierung kann das Antriebswerk für Vorführungen aber auch wieder per Handkurbel aufgezogen und mechanisch ausgelöst werden.

Melchior de Haze (1632–1697)

De Haze war ein bekannter Glockengießer in Antwerpen und dort 1685 zum Vizemünzmeister ernannt worden. Er goss u.a. 1654 die große Glocke für die Wallfahrtskirche in Scherpenheuvel, 1674 das Glockenspiel für den spanischen Escorial, 1675 für Brügge (1741 durch einen Brand vernichtet), 1686 für den St. Jakobsturm in Den Haag, 1689 für die Kirche in Alkmaar und 1695 für Salzburg.

Jeremias Sauter (1650–1709)

Der Groß- und Klein-, Hof- und Landuhrmachermeister Sauter schuf in Salzburg zahlreiche Turmuhren: 1683 die Domuhr und die zu Maria Plain, weiters die Turmuhren für Köstendorf (1690), Faistenau (1684), Berndorf (1687) und Anthering (1693). Er besaß auf dem Mönchsberg Nr. 6 rechts auf dem Weg zum Schartentor ein Haus. Der Stein in der Gartenmauer enthält folgende Inschrift: „Gott mit unß. Anno 1696 im Monath Februar habe ich, Jeremias Saudter, hochfürstll. Salzburg. Clein-, Groß-, Hoff-, und Landuhrmacher, dises Haus erkaufft und von Neuem aufgerichtet etc.“ Sauter verstarb am 11. November 1709 und ist im Friedhof von St. Peter begraben.

  

Bilder

Neue Residenz mit Glockenspiel und Residenzbrunnen, Christoph Lederwasch, 1704, InvNr 764-49
Neue Residenz mit Glockenspiel und Residenzbrunnen, Christoph Lederwasch, 1704, InvNr 764-49
Glockenspielwerk, Christoph Lederwasch, Radierung, 1704, InvNr 806-49
Glockenspielwerk, Christoph Lederwasch, Radierung, 1704, InvNr 806-49
Der Plan stammt aus dem Salzburger Landesarchiv „Gloggen=Spiel Thurm am Neubau in Salzburg“. Sign. u. dat.: „Franz v: Paula Brandner, 28t. August 1817“, SLA, Kreising. Fasz. 272 [JS 47/48, S. 165.]
Der Plan stammt aus dem Salzburger Landesarchiv „Gloggen=Spiel Thurm am Neubau in Salzburg“. Sign. u. dat.: „Franz v: Paula Brandner, 28t. August 1817“, SLA, Kreising. Fasz. 272 [JS 47/48, S. 165.]
Salzburg Museum